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Körperschallberechnung eines Schiffskompressors

Bestimmung des zu erwartenden Körperschallpegels eines Schiffkompressors anhand eines virtuellen Prototyps.

Merkle Partner Koerperschall Schiffskompressor

Aufgabenstellung / Berechnung

Für Ausrüstungen in Schiffen gilt, dass Aggregate einen bestimmten Körperschallpegel nicht überschreiten dürfen. Gemessen wird der Körperschall über Beschleunigungsaufnehmer an den Mounts, also den Fußpunkten, an denen der Körperschall in den Schiffboden eingetragen wird. Schiffkompressoren sind in der Regel Kolbenmaschinen, die wie alle Kolbenmaschinen nicht zu 100 Prozent  ausgewuchtet werden können. Das bedeutet, dass es immer periodische Restkräfte vorhanden sind, die Körperschall in das Schiff eintragen. Hier gibt es für die Hersteller der Kompressoren Grenzkurven, die nicht überschritten werden dürfen. Diese Grenzkurven sind bewertet, d.h. für unterschiedliche Frequenzbereiche - in der Regel sind dies Terzpegel - werden unterschiedliche Beschleunigungspegel zugelassen. 

Durch umlaufende Gegengewichte, sogenannte Unwuchtscheiben, werden die Massenkräfte und Momente aus der Bewegung der Pleuel und Kolben bestmöglich ausgeglichen. Übrig bleiben periodisch wirkende Kräfte, welche den Rahmen zum Schwingen anregen. Die Mounts sind relativ weich und können auf Kraft und Frequenz bestmöglich abgestimmt werden. In der Regel wird die Eigenfrequenz des gesamten, starr betrachteten Rahmens, mit den Federsteifigkeiten der Mounts so abgestimmt, dass die Frequenz bei etwa 7 Hz liegt. So ist ausgeschlossen, dass eine Erregung dieser Lagerungsfrequenz durch die sich langsam drehende Schiffswelle ( z.B. 24 U/min = ca. 0,3 Hz) vom Schiffsboden her erfolgt. 

Wird aber durch die Kolbenkräfte eine Eigenfrequenz des Rahmens, des Gehäuses oder des Schaltschranks des Kompressors getroffen, kommt es zu ungewollten Schwingungsüberhöhungen. Bei der dargestellten Kolbenmaschine war genau dies der Fall. Dies zeigte sich nach dem Bau beim Testlauf, als die Körperschallpegel weit oberhalb der erlaubten Werte lagen. Da ohne Einhaltung der Grenzkurven keine Auslieferung an den Kunden erfolgen kann, musste jetzt nachgebessert werden. Hierzu musste aber die Ursache bekannt sein, damit Umbaumaßnahmen auch funktionieren. 

 

 

Die damalige Vorgehensweise war, wie folgt: 

Die Kinematik des Kompressors aus Kurbelwelle, Kolben, Pleuel und Unwuchtscheibe sowie die aus den Drücken resultierenden Lasten wurden in ADAMS als sogenanntes Mehrkörpermodell abgebildet. Dabei wurden die Bauteile als starr betrachtet. Hieraus ergeben sich der Verlauf von Kräften und Frequenzen als Funktion der Zeit. 

Vom gesamten Rahmen mit Kompressor, E-Motor und Schaltschrank wurde ein FE-Modell erstellt. Bauteile, die nicht detailliert modelliert wurden, wurden als Massepunkte und Masseträgheiten im jeweiligen Schwerpunkt idealisiert. Die Mountsteifigkeiten (Gummipuffer am Boden) wurden linearisiert. Zuerst wurden die Eigenfrequenzen des FE-Modells ermittelt und mit den Erregerfrequenzen der Massenkräfte verglichen. Hierbei zeigte sich, dass eine Eigenfrequenz des Schaltschrankes im Bereich der Erregerfrequenz lag. 

In einer transienten Schwingungsanalyse wurden nun die periodischen Massenkräfte und Momente auf das FE-Modell übertragen und der eingeschwungene Zustand für eine Kurbelwellenumdrehung berechnet. An den Lagern wurden die Beschleunigungen in allen Achsrichtungen ausgewertet und zum Pegel aufaddiert. Die zeitliche Antwort der Beschleunigungen wurden dabei durch eine Fourriertransformation in den Frequenzbereich transformiert. 

Ergebnis Ausgangszustand

Der sich hieraus ergebende Beschleunigungspegel passte sehr genau mit dem gemessenen, zu hohen Wert überein. 

Optimierung

Anhand der Frequenzen, die oberhalb der Grenzkurve lagen, wurden die Bereiche identifiziert, welche verstärkt werden mussten. Durch entsprechende Versteifungsmaßnahmen, insbesondere zweier diagonaler Streben konnten die kritischen Frequenzen im Rechenmodell vermieden bzw. so verschoben werden, dass sie durch die Erregerfrequenzen nicht mehr erregt werden konnten. Rechnerisch war der Körperschallpegel nun in Ordnung. Unter enormen Zeitdruck wurden die Versteifungen im Rahmen eingebaut und anschließend im Versuch vermessen. Hier bestätigten sich die rechnerischen Prognosen, die Grenzkurve konnte eingehalten und der Kompressor an den Endkunden ausgeliefert werden.  

Ausblick, aktuelle Vorgehensweise

Heutzutage wird der Umweg über Mehrkörpersimulationen zur Bestimmung der transienten Kräfte von uns kaum noch vorgenommen. Die eingesetzten FEM-Tools wie Abaqus oder ANSYS sind zwischenzeitlich so gut, dass die komplette Kinematik mit allen möglichen Nichtlinearitäten und Bauteilsteifigkeiten abgebildet werden kann und so eine Übertragung der Kräfte von einer Software zur anderen entfällt. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich Kraftspitzen, welche durch die starren Bauteile ergeben, durch elastische Bauteile entschärft werden und so die Interpretation der Ergebnisse einfacher wird. 

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