Loading...

Vom Dekubitus zu fast nackten Tatsachen – Simulation in allen Lebenslagen

Vor einigen Wochen habe ich Ihnen über die Druckstellen (Dekubitus) beim Liegen von Pflegebedürftigen berichtet. Aber nicht nur im Alter drückt es. Ich habe mir sagen lassen, dass es auch beim Tragekomfort eines Büstenhalters (kurz: BH) ganz erhebliche Unterschiede geben kann.

merkle-partner-vom-debikus-zu-fast-nackten-tatsachen

Vor einigen Wochen habe ich Ihnen über die Druckstellen (Dekubitus) beim Liegen von Pflegebedürftigen berichtet. Aber nicht nur im Alter drückt es. Ich habe mir sagen lassen, dass es auch beim Tragekomfort eines Büstenhalters (kurz: BH) ganz erhebliche Unterschiede geben kann.
Ich habe gelernt, dass die Sitte, Brüste zu bedecken und zu stützen, schon 4.500 Jahre alt ist und dass es heute verschiedenste Büstenhalter gibt.
Im Folgenden befassen wir uns von der numerischen Seite mit einer Neuzeitvariante, mit dem sogenannten Bügel-BH.

Lassen wir, auch wenn es thematisch schwerfällt, den technischen Sachverstand zu Wort kommen.
Zur Abstützung und zur Formung des Busens dient bei neuen Varianten ein aus Blech gestanzter Tragbügel, der dafür verantwortlich ist, dass das Erscheinungsbild der Trägerin nach außen keine Wünsche offenlässt. Nach innen gerichtet soll er dafür keine Schmerzen durch Druckstellen verursachen. Insbesondere unter der Achsel sollte er nicht drücken. Ideal wäre es, wenn die Frau den BH gar nicht spürt, während auch bei Bewegung alles in bester Form bleibt. In der Sprache des Berechnungsingenieurs bedeutet dies, dass die Last der Brust möglichst gleichmäßig abgefangen wird, wie es bei einer elastischen Bettung der Fall ist. Der Kontaktdruck sollte dabei überall konstant sein. Die Form ist Geschmacksache, kann sich aber durchaus an einer Kellnerin im Dirndl orientieren.

Wie kann hier die Simulation weiterhelfen?

Auch hier soll der Versuch zumindest in der Entwicklungsphase des Bügels virtuell erfolgen.

Dazu benötigen wir

  • Einen Torso mit Körbchengröße B (gescanntes Modell, nennen wir sie meinetwegen Monika)
  • Ein BH-Modell, ebenfalls Größe B
  • Eine geeignete FEM Simulationssoftware, z.B. Abaqus
  • Eine Materialmodell für Fettgewebe innerhalb des Toleranzbereiches (14 Jahre bis 70 Jahre)
  • Einen erfahrenen Berechnungsingenieur mit Sinn für Ästhetik

Das erste Problem tritt schon beim Scannen auf. Es handelt sich bei unserem Test-Busen um ein unter Eigengewicht vorgespannten System, bei dem wir die Randbedingungen (Eigenspannungen) nicht kennen. Scannen im schwerelosen Raum ist zwar prinzipiell möglich, überschreitet das vorhandene Budget unseres Kunden aber zum jetzigen Zeitpunkt der irdischen Entwicklung etwas.

Eine geniale Idee ist es daher, die Schwerelosigkeit in einem ersten Lastschritt zu erzeugen, in dem der Gravitationsvektor nach oben gerichtet ist. Alle Spannungen und Verformungen werden jetzt zu 0 gesetzt. Und siehe da, wir haben den spannungsfreien FEM-Busen ohne den Einfluss der ärgerlichen Gravitation.

Jetzt folgt die Montagesimulation (Anbringen des BHs, Vorspannung der Träger).

In einem weiteren Schritt folgt nun die eigentliche Belastung durch den nach unten gerichteten Gravitationsvektor.
Druckstellen können nun erkannt und anhand von Variantenstudien des Bügels optimiert werden. Das ist aber der weniger spannende Teil des Projektes, den ich nicht weiter vertiefen möchte.

Was können wir aus dem Projekt lernen?

Die Simulation kann auch der Bekleidungsindustrie helfen, Produkte schneller und effizienter zu entwickeln. Stoffe, Gummis, Einlagen, Schäume, all das ist beherrschbar. Zwar hat hier der Versuch mit Testträgerinnen durchaus auch seine Reize, mühsam wird es aber, wenn bei jeder Änderung der Geometrie neue Bügel konstruiert, gelasert und anhand von der tagesabhängigen Form und Laune der Testpersonen subjektiv bewertet werden müssen.

Um wieviel komfortabler ist da doch für den Entwicklungsingenieur der mittlere Kontaktdruck und die Standardabweichung entlang der Bügellinie. Zwei Werte, die sein Optimierungsalgorithmus versteht und auf die er gedankenlos hin optimieren kann. Auch Anzahl der Stege, Breite, Winkel und Länge sind für ihn nur Parameter, für die es ein Optimum zu finden gilt.

Wo drückt bei Ihnen der Schuh?

Ist das Jackett zu eng (kenne ich leider viel zu gut)? Vielleicht dauert es noch ein paar Jahre, bis sie die Anprobe Ihres maßgeschneiderten Anzugs an Ihrem virtuellen Zwilling per Internet vornehmen lassen können. Soweit sind wir davon aber gar nicht mehr entfernt.

Wenn Sie Ideen haben, wie Sie unser Know-how auch für Ihre Aufgabenstellungen schamlos ausnutzen möchten, setzen Sie sich mit uns in Verbindung. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage.

Ihr Stefan Merkle

Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

Datenschutzbestimmungen zu akzeptieren ist erforderlich!

Bitte akzeptieren

You have reached the limit for comments!

* Diese Felder sind erforderlich.

Sei der Erste, der kommentiert
back-to-top