Für eine Gebäudeabdichtung hatten wir den Auftrag, eine Dichtung so zu entwickeln, dass bei der Montage auf der Baustelle durch die Quetschung der Dichtung das Anzugsmoment der Schrauben angezeigt wird.
Verständlich, da Bauarbeiter einen Drehmomentschlüssel in der Regel nicht im Bauwagen haben.
Ausgehend von groben Modellen, bei denen das hyperelastische (inkompressible) Verhalten des Gummis von uns über die Shorehärte 50 Shore A für die erste Simulation (FEM) abgeschätzt wurde, konnte die Machbarkeit gezeigt werden.
Für die genaue Auslegung beauftragten wir diverse Versuche zur Bestimmung des Werkstoffverhaltens des eingesetzten Dichtungsmaterials. Hierzu erhielten wir vom Kunden schwarzes Plattenmaterial, ebenfalls 50 Shore A. Die Ergebnisse haben wir anschließend als Werkstoffmodell in unserer FEM-Software (in diesem Falle Abaqus) gefittet und in der Simulation verwendet.
Anhand von Varianten haben wir die Funktion des Dichtungswerkstoffs so ausgelegt, dass durch den quellenden Gummi ein Sichtfenster beim Erreichen des gewünschten Anzugsmoments der Schrauben gerade gefüllt wurde. Die Schraubenvorspannkraft wurde dabei so bestimmt, dass der Anpressdruck des Dichtungsmaterials zwischen Leitungen und Bohrloch höher als der Druck des Grundwassers ist.
Der Prototyp funktionierte, wie gewünscht und das Produkt ging in Serie.
Die Überraschung war groß, als unser Kunde sich bei uns mit der Hiobsbotschaft meldete, dass die ersten Serienteile nicht funktionierten, weil sie undicht waren.
Wir forderten darauf hin weiteres Probenmaterial an und erschraken: Das gelieferte Plattenmaterial war quietschgelb und weich. Für die Serie war dem bisherigen Material ein Farbstoff zugemischt worden, um die Sichtbarkeit um Quetschfenster zu verbessern, leider funktionierte dies wie ein Weichmacher und die Shorehärte sank auf 30 Shore A.
Dieses Beispiel zeigt eindrücklich, was bei der Auslegung von Dichtungen mit Hilfe von FE-Simulationen beachtet werden muss: Gummi ist nicht gleich Gummi!
Eine Ableitung des Werkstoffmodells anhand der Shorehärte ist ein grober Ansatz und eignet sich für Machbarkeitsaussagen. Für eine richtige Auslegung benötigt man gemessene Werkstoffkennwerte, um die Materialmodelle für die FE-Berechnung zu erstellen.
Additive ändern grundlegende Eigenschaften des Elastomers. Daher muss eine Gummiberechnung mit einem Werkstoffmodell erfolgen, welches nicht nur dem richtigen Material entspricht, sondern welches auch dem Belastungszustand angepasst ist. Daher führen wir die Versuche zwar nicht selbst durch, haben sie aber unter Kontrolle.
Scheinbar ähnliche Werkstoffe haben oft ein grundlegend unterschiedliches Verhalten.
Umgebendes Medium, Temperatur und ggf. Frequenz bei dynamischer Belastung spielten zwar im obigen Beispiel keine Rolle, müssen aber ggf. mitberücksichtigt werden.
Dichtungen dienen in der Technik dazu, ungewollte Stoffübergänge von einem Ort zu einem anderen zu verhindern oder zu begrenzen. Klingt geschwollen, trifft es aber ganz gut.
Der Stoff, der normalerweise am Übergehen verhindert werden soll, ist z.B. Wasser, Öl, Luft, Gas oder ein anderes flüssiges oder gasförmiges Medium.
Bei der Kühlschranktür sollen bspw. kalte und warme Luft voneinander getrennt werden.
Als Dichtmedien werden Gummi, Elastomere, PTFE, aber auch metallische Dichtungen oder Kohlenstoff eingesetzt.
Dichtungen sind in der Regel weicher als die abzudichtenden Bauteile, um Unterschiede auszugleichen. Sie werden verpresst, wobei der Anpressdruck mindestens so hoch sein muss, wie der Druck des abzudichtenden Mediums bzw. bei Vakuum der Umgebungsdruck.
Wie wir auch Ihnen effizient bei der Auslegung von Dichtungen helfen können, klären wir am besten in einem kurzen und unverbindlichen Gespräch. Senden Sie uns eine kurze Mail. Wir melden uns dann bei Ihnen.
Ihr Stefan Merkle
PS: Und noch eine Faustformel, die mich jahrzehntelang begleitet hat: Nach 10 Jahren sind nur noch 25% der Vorspannung aus der Montage vorhanden. Also auch die Alterung berücksichtigen. Schließlich sollte auch Ihre Maschine im Alter noch dicht sein.
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